Behinderungsanzeige nach VOB: Was Sie bei Baubehinderungen wissen müssen

Autor/in: CENDAS 

Lesedauer: 14 Minuten

Erscheinungsdatum: 02.05.2023

Wie oft kommt es auf Ihren Baustellen zu Behinderungen am Bau? Sei es, weil Pläne nicht rechtzeitig ankommen, Nachträge nicht zügig freigegeben wurden oder sich Materialmengen ändern und vor Ort noch fehlen.

Als Auftragnehmer riskieren Sie durch Verzögerungen Vertragsstrafen, die eigentlich der Auftraggeber zu verantworten hat. Sichern Sie sich daher mit einer Baubehinderungsanzeige und einer guten Dokumentation ab.

Wie das geht, erklären wir Ihnen jetzt.

Inhalt

Auf einen Blick

  • Bei Behinderungen am Bau müssen Gewerke eine Baubehinderungsanzeige gemäß VOB machen. 
  • Viele Unternehmen sind jedoch nachlässig und riskieren, die Kosten der Behinderung selbst zu tragen. 
  • Mit der richtigen Vorlage, Kommunikation und Dokumentation sichern Sie sich richtig ab.  

Was ist eine Behinderung bei Bauvorhaben?

Wenn ein Bauprojekt aufgrund von Vorkommnissen nicht wie geplant verlaufen kann, liegt eine Behinderung vor. Die Folge davon können Bauzeitverlängerungen, Mehraufwände und höhere Kosten sein.  

Falls ein Auftragnehmer aufgrund einer Baubehinderung nicht nach Plan arbeiten kann, können daraus Ansprüche wie eine Verlängerung von Fristen entstehen. Um diese geltend zu machen, muss er eine Behinderungsanzeige stellen und den Auftraggeber offiziell in Kenntnis setzen. 

Gründe und Beispiele für Baubehinderungen

Im Baualltag kommen Behinderungen immer wieder vor und die Ursachen dafür sind vielfältig.

Ist der Auftragnehmer dafür verantwortlich, muss er die entstandenen Kosten selbst tragen. Eine Anzeige kann er dagegen machen, wenn der Auftraggeber, Dritte oder höhere Gewalt Verzögerungen auslösen.  

baubehinderungsanzeige schreiben

Die VOB/B § 6 Abs. 2 legt genauer fest, was eine Anzeige rechtfertigt:  

  1. Umstände aus dem Risikobereich des Auftraggebers 
  2. Streik oder eine Aussperrung im Betrieb des Auftragnehmers (oder Nachunternehmers) 
  3. Höhere Gewalt wie eine Naturkatastrophe 

Zum Risikobereich des Auftraggebers zählen zum Beispiel: 

  • noch nicht erbrachte oder mangelhafte Vorleistungen anderer Auftragnehmer 
  • verzögerte Auftragserteilung / schlechte Kommunikation 
  • geänderte oder zusätzliche Bauleistungen 
  • fehlende Planungsunterlagen 
  • fehlende Baugenehmigungen 
  • zu spät gelieferte Materialien 

Wie wichtig ist eine Baubehinderungsanzeige?

Ein Auftragnehmer informiert damit den Auftraggeber unverzüglich über Hindernisse am Bauvorhaben, die die Weiterführung der geplanten Leistungen verzögern oder verhindern. 

Für Bauunternehmen sind nicht angezeigte Behinderungen am Bau ein Risiko. Eine mögliche Folge sind z.B. Vertragsstrafen.

Verzögerungen an Bauprojekten kosten schnell viel Geld und Schadensersatzforderungen landen fast genauso schnell vor Gericht. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich mit einer Baubehinderungsanzeige absichern, um etwaige Forderungen später von sich weisen zu können. Außerdem haben Sie so ein Beweismittel zur Hand. 

Als Faustregel im Bau können Sie sich generell merken: „Wer schreibt, der bleibt“. 

Die Baubehinderungsanzeige ist ohnehin gemäß VOB/B § 6 Abs. 1 verpflichtend

Was gehört in eine Behinderungsanzeige?

Eine Baubehinderung tritt oft unerwartet auf. Trotzdem müssen Sie den Auftraggeber unverzüglich informieren. Am schnellsten geht das mit einer E-Mail.  

Machen Sie Angaben zum Tatbestand und berücksichtigen Sie folgende Punkte: 

  • Seit wann liegt die Baubehinderung vor? 
  • Was ist der Auslöser? 
  • Welche Leistungen werden behindert? 
  • Inwiefern wird der weitere Baufortschritt beeinflusst?  
  • Wie kann die Behinderung behoben werden? 
  • Welche Kosten entstehen? (Optional) 

Wie muss eine Behinderungsanzeige erfolgen?

Laut VOB/B § 6 Abs. 1 sollten Sie wie folgt vorgehen:

  • Machen Sie die Anzeige schriftlich, z.B. per E-Mail oder Fax.
  • Adressieren Sie die Anzeige an den Bauherren direkt.
  • Zögern Sie nicht und stellen Sie die Anzeige unverzüglich.

Auch bei Werkverträgen nach BGB § 642 können Sie Baubehinderungsanzeigen so handhaben.

Besser zu früh als zu spät   

Als Auftragnehmer müssen Sie nicht warten, bis eine Behinderung eintritt, um sie zu melden. Wenn Sie potenzielle Probleme frühzeitig erkennen und an den Auftraggeber kommunizieren, können die Auswirkungen von Behinderungen verringert und Konflikte vermieden werden.

behinderungen auf baustelle beheben

Diese proaktive Herangehensweise kann dazu beitragen, dass sich Projektpläne und -zeitpläne besser einhalten lassen. Wenn Sie beispielsweise den Estrich verlegen sollen, aber am Vortag die Bodenheizung noch nicht installiert war, melden Sie das dem Auftraggeber unverzüglich. 

Falls Sie auf der Baustelle erkennen, dass die Vorarbeit oder Güte von Baustoffen mangelhaft sind oder eine Unfallgefahr besteht, müssen Sie statt einer Behinderungsanzeige eine Bedenkenanmeldung machen. 

Ist eine Behinderungsanzeige bei schlechtem Wetter zulässig?

Wetterverhältnisse können zu Verzögerungen führen. Allerdings müssen Sie bei jedem Bauvorhaben von den sonst üblichen Witterungsbedingungen ausgehen. Dass im Winter Kälte und Nässe zu Verzögerungen führen können, ist bekannt und rechtfertigt daher eine Behinderungsanzeige nicht.    

Starkes und unerwartetes Schlechtwetter wie ein wochenlanges Unwetter oder Überschwemmungen dürfen Auftragnehmer jedoch anzeigen. Als Bauunternehmen können Sie im Zweifel über das Deutsche Wetterarchiv nachweisen, dass die Verhältnisse unüblich sind.    

Wichtig: Informieren Sie Ihren Auftraggeber unverzüglich, damit ein Anspruch auf die Berücksichtigung besteht. 

VOB Behinderungsanzeige: Ihre Ansprüche und Pflichten

Kommt es zu einer Behinderung am Bau, müssen Sie als Auftragsnehmer alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die Arbeiten fortzuführen. Außerdem müssen Sie Ihre Arbeiten unverzüglich wieder weiterführen, sobald die Hindernisse behoben wurden.  

Da es auf einer Baustelle immer etwas zu tun gibt, führen nicht alle Behinderungen dazu, dass der Auftragnehmer gar nicht mehr weiterarbeiten kann. Sie sind daher verpflichtet, Ihre Arbeiten dort zu verrichten, wo es möglich ist

Kommt die Baustelle zum Stillstand, lässt sich die Weiterführung selten „unverzüglich“ umsetzen. Vielmehr ist hiermit gemeint, dass Sie die Arbeiten „ohne schuldhaftes Zögern“ wieder aufnehmen. Sollten Sie in der Zwischenzeit eine andere Terminbaustelle aufgenommen haben, darf sich die Weiterarbeit durchaus um mehrere Wochen oder Monate nach hinten verschieben. 

In jedem Fall muss der Auftraggeber informiert werden, sobald Sie die Arbeit an der Baustelle wieder beginnen. 

Als Auftragnehmer haben Sie mit einer Behinderungsanzeige folgende Ansprüche: 

Verlängerung der Ausführungsfrist

Die Verlängerung der Ausführungsfrist basiert auf der Zeitdauer der Behinderung und der zusätzlichen Zeit, die zur Vorbereitung auf die Wiederaufnahme der Arbeiten erforderlich ist. Wenn die Arbeiten in eine unvorteilhafte Jahreszeit verschoben werden müssen, wird ein weiterer Zuschlag berechnet. – Rechtsgrundlage VOB/B § 6 Abs. 4. 

Abrechnung bisheriger Teilleistungen

Wenn die Arbeit für eine längere Zeit pausiert werden muss, aber zu einem späteren Zeitpunkt fortgeführt werden kann, muss der Auftraggeber die bisher erbrachten Teilleistungen zum vereinbarten Preis bezahlen. Zusätzlich muss der Auftragnehmer für die Kosten entschädigt werden, die er bereits für den nicht ausgeführten Teil der Arbeit aufgewendet hat und die im ursprünglichen Preis enthalten waren. – Rechtsgrundlage VOB/B § 6 Abs. 5. 

Schadensersatz

Sollte der Auftraggeber für die Baubehinderung verantwortlich sein, haben Sie als Auftragnehmer das Recht auf Schadensersatz für nachweislich entstandene Kosten. Ein Anspruch auf entgangenen Gewinn besteht jedoch nur, wenn die Verzögerung durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verursacht wurde. – Rechtsgrundlage VOB/B § 6 Abs. 6. 

Vertragsrücktritt

Wenn eine Unterbrechung der Arbeit länger als drei Monate dauert, kann jeder Vertragspartner den Vertrag schriftlich kündigen.  

Hat der Auftragnehmer die Unterbrechung nicht verschuldet, müssen auch die Kosten für die Räumung der Baustelle vergütet werden, sofern diese Kosten nicht bereits in der Vergütung für die bisher erbrachten Leistungen enthalten sind. – Rechtsgrundlage VOB/B § 6 Abs. 7. 

Wie Sie bei einer Baubehinderung vorgehen

Befolgen Sie diese drei Schritte

1. Identifizieren Sie Behinderungen rechtzeitig

Sobald Sie von einer Baubehinderung ausgehen, ist schnelles Handeln und eine gute Abstimmung zwischen den Vertragspartnern gefragt. Klären Sie alle Sachverhalte mit Ihrem Auftraggeber ab. Im Idealfall können Verzögerungen am Bau mit einer guten Kommunikation vermieden werden. 

2. Dokumentieren Sie alle Gegebenheiten

Wer dokumentiert, ist auf der sicheren Seite. Vor allem bei konfliktanfälligen Themen sind Sie mit einer ausführlichen Dokumentation im Vorteil. Nutzen Sie dafür Ihre Bautagesberichte bzw. das Bautagebuch zusätzlich zur Behinderungsanzeige und halten Sie diese Punkte fest: 

  • Baufortschritt bis zur Behinderung  
  • betroffene Leistungen 
  • Gründe, weshalb eine Weiterarbeit nicht möglich ist 
  • Auslöser der Behinderung 
  • Auswirkungen auf andere Leistungen 
  • Schätzung, wie lange die Behinderung anhält 

Ihre Dokumentation zahlt sich aus und dient unter Umständen als Beweismittel. 

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Bessere Dokumentation und weniger Arbeit

Das digitale Bautagebuch von CENDAS wurde von TGAs für TGAs entwickelt und ist täglich auf vielen Baustellen im Einsatz.

3. Baubehinderungsanzeige schreiben und versenden – Muster

Sind Baubehinderungen trotz Abstimmung mit dem Auftraggeber nicht vermeidbar oder treten Hindernisse plötzlich auf, müssen Sie eine Anzeige schreiben und diese unverzüglich versenden. In der Praxis erfolgt dies oft per E-Mail, in triftigen Fällen empfehlen wir Ihnen jedoch, die Anzeige per Einschreiben zu versenden. 

Mit dieser Mustervorlage können Sie eine Behinderungsanzeige nach den rechtlichen Vorgaben gemäß § 6 VOB / Teil B erstellen. 

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    Was passiert als nächstes?

    Ihr Auftraggeber hat die Anzeige zu prüfen und kann sie anschließend entweder annehmen oder ablehnen. Idealerweise kann er die Behinderung auch beheben.  

    Nimmt der Auftraggeber die Behinderungsanzeige an, haben Sie die oben genannten Ansprüche. So kann etwa die Ausführungsfrist verlängert werden und Sie erhalten entsprechende Teilzahlungen. Am besten stimmen Sie sich in einem Gespräch mit Ihrem Auftraggeber bzw. dem Vertreter ab. 

    Der Auftraggeber kann die Anzeige zurückweisen, wenn diese nicht berechtigt ist. Das ist beispielsweise aufgrund von Schlechtwetter der Fall. Bei einer Ablehnung trotz zulässiger Anzeige sollten Sie das Gespräch suchen. Können sich beide Parteien nicht einigen, führt das oftmals zu einem Rechtsstreit. 

    Warum werden Baubehinderungsanzeigen oft nicht geschrieben?

    Ein Blick in die Praxis zeigt: viel zu selten schreiben Auftragnehmer eine Baubehinderungsanzeige. Warum? Weil es mit Aufwand verbunden ist und als stressige Angelegenheit empfunden wird. 

    Der Adressat ist immer der Bauherr. Dieser wird auf der Baustelle aber oft vertreten, zum Beispiel durch einen Architekten. Viele Auftragnehmer wollen den Vertreter beim Bauherrn nicht „verpetzen“ und verzichten daher darauf. Manchmal kommt es auch vor, dass der Vertreter den Auftragnehmer beeinflusst, damit dieser die Anzeige unterlässt. 

    Als Auftragnehmer tun Sie sich damit jedoch keinen Gefallen. Verzögerungen können zu einer höheren Belastung führen als die Auseinandersetzung mit der Behinderungsanzeige. 

    Lösung: Richtige Kommunikation bei Vertragsunterzeichnung

    Kündigen Sie dem Bauherrn bei der Vertragsunterzeichnung an, dass Sie eher ein Schreiben mehr als zu wenig verfassen werden und auch pflichtgemäß nach VOB Behinderungsanzeigen stellen.  

    Ihre Intension ist schließlich nicht, auf der Baustelle einen „Krieg“ anzuzetteln, sondern mit einer professionellen Dokumentation und frühzeitiger Kommunikation die gegebenen Fristen einzuhalten. Außerdem legen Sie Wert darauf, dass erwartete Fertigstellungstermine der Realität entsprechen. 

    Fazit: Kommunikation und Dokumentation als Schlüssel bei Behinderungen am Bau

    Stillstand auf der Baustelle ist ärgerlich, zeitintensiv und führt zu unnötigen Mehrkosten.  

    Mit einer guten Kommunikation zwischen Ihrem Auftraggeber und anderen Bauunternehmen lassen sich die Auswirkungen von Baubehinderungen reduzieren und Lösungen finden.  

    Um sich selbst abzusichern und Ihre Ansprüche geltend zu machen, schreiben Sie eine Baubehinderungsanzeige und dokumentieren alle Sachverhalte detailliert in einem Bautagebuch.   

    Damit schaffen Sie wichtige Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf und eine schnelle Weiterführung der Arbeiten. Im Zweifel sind Sie dann auch für etwaige Streitfälle vor Gericht gut aufgestellt. 

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